Der Picknick-Begriff entstammt vermutlich der französischen Sprache: Das Verb „piquer“ (aufpicken) wird mit einer „nique“ (Kleinigkeit) kombiniert und beschreibt damit das, was wir bei der gemeinsamen Mahlzeit im Freien hauptsächlich tun, ziemlich treffend. Erstmals erwähnt wird das „pique-nique“ im Jahr 1692 in den „Origines de la Langue Française“ von Tony Willis.
Bereits zwei Jahre später attestiert Gilles Ménage in seinem „Dictionnaire etymologique de la langue françoise“ (1694) dem Picknick große Beliebtheit. Auch verweist er darauf, dass jede der anwesenden Personen eine Speise zum gemeinsamen Vergnügen beisteuern soll – bis heute ein wesentlicher Charakterzug gelungener Picknicks.
Im 18. Jahrhundert war das Picknick insbesondere in den aristokratischen Kreisen Frankreichs sehr populär. Anders als heute allerdings fanden Speis & Trank unter diesem Begriff damals nicht draußen in der Natur statt – es wurde in geschlossenen Räumen gepicknickt, oft in Salon-artigem Ambiente zu barocker Kammermusik. Auch unter freiem Himmel wurde immer öfter geschlemmt, wozu sich die großzügigen Parkanlagen jener Zeit bestens eigneten. Dafür gab es allerdings keinen festen Begriff.
Im Zuge der Französischen Revolution (1789-1799) ergriffen Frankreichs Adelige die Flucht ins Ausland – insbesondere nach Großbritannien – und brachten dabei ihre Tradition mit auf die Inseln. So gründeten im Jahre 1801 etwa 200 junge, wohlhabende Liebhaber der französischen Lebensart in London die Pic Nic Society. In eigens zu diesem Zweck angemieteten Räumlichkeiten zelebrierte man extravagante Partys, die mit den Picknicks des barocken Frankreich nicht mehr viel gemein hatten. Lediglich die Regel, derzufolge jeder Teilnehmer eine Speise beisteuern musste, wurde beibehalten. Hinzu kamen jeweils sechs (!) Flaschen Wein. Je danse, donc je suis!
Doch nicht allein die britische upper class fand Gefallen am Teilen & Genießen: In der aufstrebenden Mittelschicht hatten Mahlzeiten unter freiem Himmel bereits eine lange Tradition. Wohl aufgrund der Tatsache, dass so ziemlich alles Französische stark angesagt war, übernahm man für diese kurzerhand das neue Wort – das picnic, wie wir es heute kennen & lieben, war geboren!
Das picnic draußen in der Natur wurde rasch very fashionable und gewissermaßen zum allerliebsten Zeitvertreib der Briten. Davon zeugen bis heute die zahlreichen Darstellungen von Picknicks in Kunst & Literatur, so z.B. in John Harris‘ Kinderbuch „The Courtship, Merry Marriage, and Pic-Nic Dinner of Cock Robin and Jenny Wren“ (1806) oder in Jane Austens Roman „Emma“ (1816). Im nach Napoléon wieder monarchistischen Frankreich hingegen dominierte weiterhin das Picknick in geschlossenen Räumen, die britische Variante betrachtete man mit Skepsis – wohl auch, weil zur Mitte des 19. Jahrhunderts auch die unteren sozialen Schichten zu picknicken pflegten. Picknick wurde also nicht länger als reines Adelsvergnügen wahrgenommen, sondern nun auch mit Armut und rauen Sitten assoziiert. Davon zeugen insbesondere Emile Zolas „L‘Assomoir“ (1879) und die wohl berühmteste Darstellung eines Picknicks in der Malerei, Édouard Manets „Le Déjeuner sur l‘herbe“ (1862-63), das – abgesehen von diversen Picknick-Utensilien – insbesondere zwei vollständig bekleidete Herren in Gesellschaft zweier nicht ganz so bekleideter Damen zeigt.
Heute picknicken die Menschen rund um den Globus. Wichtigster Gegenstand hierbei (abgesehen von den vielen verschiedenen Leckereien): Der Picknickkorb. Im ausgehenden 19. Jahrhundert hatte die Industrialisierung insbesondere die Städte Großbritanniens fest im Griff, immer mehr Menschen arbeiteten tagein tagaus in verrußten Fabriken oder Bergwerken, bevor sie bis zum nächsten Morgen in viel zu kleinen, viel zu dunklen Häusern verschwanden. Diese Tristesse weckte in ihnen den Wunsch, in der Freizeit der Stadt zu entfliehen und wenigstens die Sonntage unbeschwert in der Natur zu verbringen. Dies war mittlerweile gut möglich, das Land verfügte über ein großes und stetig wachsendes Eisenbahnnetz. Diesem Lebensstil kam die Industrie entgegen und brachte große Mengen praktischer Picknickkörbe auf den Markt, die den bestmöglichen Transport der Delikatessen von der Haustür hin zum Reiseziel gewährleisteten. Queen Victoria selbst war übrigens bekennende Picknick-Liebhaberin, sodass das viktorianische Zeitalter bis heute als Blütezeit des Picknicks gilt.
Zugleich wurden ganz bestimmte Lebensmittel zu typischen Picknick-Mitbringseln. Gute Beispiele hierfür können wir Kenneth Grahames „The Wind in the Willows“ (1908) entnehmen: kaltes Huhn, Ochsenzunge, roher Schinken, Rindfleisch, Salat mit sauren Gurken, French Rolls (eine Art Brötchen), Sandwichs mit Brunnenkresse, Topffleisch, Ginger Beer, Limonade. Einige davon haben die Zeit überdauert und gelten heute als beliebte Picknick-Klassiker. Dabei unterscheiden sie sich von Land zu Land. So ist es in Rom Tradition, am 1. Mai aus der Stadt hinaus in die Hügel zu fahren und dort fave e pecorino (frische Saubohnen und Pecorino) zu naschen, während sich beim japanischen pikunikku Ramen-Eier und Sushi-Rolls allgemeiner Beliebtheit erfreuen. In den kommenden Wochen möchten wir euch mit Einblicken in verschiedene Picknick-Kulturen inspirieren und mit wertvollen Tipps für euer eigenes Picknick versorgen (haltet die Ohren steif und die Augen offen, insbesondere auf Facebook). Da freuen wir uns schon drauf!